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Temporäres Berufsverbot für Ärztepfusch
Das Bundesgericht hat im Entscheid BGE 149 II 109 vom 22.November 2022 den Entzug der Bewilligung zur Ausübung des Arztberufs geschützt, die einen in Genf praktizierenden Gynäkologen betraf.
Der Gynäkologe hatte sich verschiedene Verfehlungen zu schulde kommen lassen. Im Wesentlichen führte er ein nur unvollständiges diagnostisches Verfahren durch und darob stellte er eine falsche Diagnose, auf deren Basis er eine unrechtmässige und nicht indizierte Entfernung der Gebärmutter veranlasste. Während der Gebärmutterentfernung unterliess es der Gynäkologe zudem, die in solchen Fällen zwingend angezeigte Biopsie vorzunehmen. Hinzukommend verletzte der Gynäkologe die ihn treffende Pflicht zur Aufklärung der Patientin und er holte die für den Eingriff notwendige Einwilligung nicht ein. Schlussendlich beachtete er die Vorschriften über die ordnungsgemässe Führung der Krankenakte nicht, weil viele relevante Informationen und auch Bildgebungen nicht dokumentierte. Es fehlten in der Krankengeschichte insbesondere die Bilder der für die Diagnosestellung massgebenden Ultraschalluntersuchungen, deren Befund und die Dokumentation der entsprechenden klinischen Untersuchung.
Das Bundesgericht hält fest, dass der Hauptzweck von Disziplinarmassnahmen, die gegen einen Angehörigen eines der staatlichen Aufsicht unterliegenden freien Berufs verhängt werden, darin besteht, die Ordnung im Beruf aufrechtzuerhalten, sein ordnungsgemässes Funktionieren zu gewährleisten, seinen guten Ruf und das Vertrauen der Öffentlichkeit in den Beruf zu wahren und die Öffentlichkeit vor denjenigen seiner Vertreter zu schützen, die möglicherweise nicht über die erforderlichen Qualifikationen verfügen. Der Hauptzweck von Disziplinarmassnahmen besteht folglich nicht darin, den Adressaten zu bestrafen, sondern ihn dazu zu veranlassen, sich in Zukunft den Anforderungen des Berufsstandes entsprechend zu verhalten und das ordnungsgemässe Funktionieren des Berufs wiederherzustellen. Die Voraussetzungen für den temporären Entzug der Berufsausübungsbewilligung von 3 Monaten sieht das Bundesgericht im vorliegenden als gegeben an. Eine Fehldiagnose allein würde hierfür zwar nicht genügen. Aufgrund der Summe der Verfehlungen (unzureichende Diagnostik und Diagnosefehler, unrechtmässiger Eingriff, Aufklärungs- und Dokumentationspflichtverletzung) sei aber der kantonale Entscheid zum Entzug der Berufsausübungsbewilligung korrekt und zu schützen.
Dieser Entscheid ist sehr zu begrüssen, wenngleich festzustellen ist, dass die Verfehlungen des hier zur Diskussion stehenden Gynäkologen im Einzelnen und im Gesamten besonders schwerwiegend gewesen waren und der Entzug der Berufsausübungsbewilligung über eine Dauer von lediglich 3 Monaten eigentlich zu milde ausgefallen ist. Generell ist festzustellen, dass seitens der Behörden nur in Ausnahmefällen zu solchen Sanktionen gegriffen wird. Kaum beachtet werden hingegen Ärzte und Ärztinnen, die über längere Zeiträume immer wieder bei verschiedenen Patienten und Patientinnen Fehlbehandlungen produzieren und deren fachliche Qualifikation mitunter berechtigt in Frage zu stellen wäre. Solche Fälle bleiben leider weitestgehend unentdeckt.
Für die Rechtsberatungsstelle UP, im Mai 2024, Jan Herrmann